Wenn du diesen Beitrag nun liest, wirst du dir denken: ich muss doch gar nichts verkaufen!? Und was hat ein Arzt mit Verkauf zu tun? Dieser Artikel befindet sich in der Kategorie Satire. Mach dir selber ein Bild und lies – mit diesem Artikel wollen wir jedoch explizit niemanden verletzen oder zu nahe treten!

Wir müssen uns täglich verkaufen – vor den Patienten!

Wenn du bis heute der Meinung warst, dass du nichts verkaufen musst, dann hast du weit gefehlt. Du musst dich jeden Tag mehrmals vor deinen Patienten verkaufen. Du musst ihnen erklären, warum die eine Therapie sinnvoller erscheint als die andere, warum regelmäßige Fressorgien für die Gesundheit schädlich sind und wieso Alkohol die Birne hohl macht.
Doch aufgepasst: wenn ich dir jetzt sage, dass du nicht verkaufen kannst, dann hat das seinen guten Grund! Ich mache ca. 250 Kurse pro Jahr, schule daher ca. 2000 medizinische Fachkräfte pro Jahr in diversen Kursformaten und habe heuer bitterlich erkannt, dass viele Ärzte beim Überzeugen noch Luft nach oben hätten. Ich gebe dir jetzt ein kleines Rätsel auf.

Rätsel für Ärzte – kannst du verkaufen?

Nehmen wir an, du musst für eine tachykarde Rhythmusstörung Adenosin verabreichen. Adenosin lässt ja bekanntlich das Herz deines Patienten kurz stehen, wie würdest du dieses Vorgehen nun „verkaufen“? Kehre in dich und überlege, was du sagen würdest?
Vorbereitung-auf-Notarzt

Ich muss Adenosin verkaufen – wie mach ich das?

Wenn ich nun 10 KursteilnehmerInnen bitte, mir zu erklären, wie man Adenosin verkauft, dann antworten viele auf ähnliche Art und Weise:
„Sie bekommen nun ein Medikament, wo Ihnen kurz schwarz vor Augen wird. Eventuell bleibt Ihnen auch kurz die Luft weg, aber dieser Zustand bessert sich nach wenigen Sekunden wieder. Sind Sie bereit?“
Und hier wird leider OHNE ZIEL verkauft. Ich sage dir jetzt was: „Ich bekomme von dir 140.000 Euro. Ja, das ist vielleicht viel Geld, aber es ist halt so.“ Du weißt jetzt nicht mal, für was du die 140.000 Euro ausgeben sollst. Auch dein Patient weiß nicht, was das Ziel hinter deiner Adenosin Gabe ist.

Wenn du verkaufen könntest, würdest du Adenosin auf diese Art und Weise verkaufen:
„Ihr Herzschlag ist leider zu schnell. Es gibt hier ein wunderbares Medikament, das Ihren Herzschlag aller Wahrscheinlichkeit nach senken kann. Leider aber wird Ihnen dabei kurz unangenehm oder schwarz vor Augen. Sind Sie einverstanden?“
Was war hier der Unterschied: im 2. Beispiel verkauft ein Profi das Ziel. Wir Ärzte implizieren leider oft, dass die Menschen wissen, was wir tun bzw. vorhaben. Frage doch morgen wahllos ein paar Menschen auf der Strasse, was Adenosin als Medikament so alles drauf hat. 95% werden dir einen Vogel deuten und fragen, ob du was geraucht hast. Sie werden die Antwort nicht kennen, noch haben sie gewusst, dass es ein Medikament mit dem Namen Adenosin gibt.
Zurück zu meinem Beispiel mit den 140.000 Euro. Ich probiere es nun nochmals, doch diesmal nennen ich das Ziel: „Schau dir mal den neuen Porsche 911 an. Der ist der Wahnsinn. Feinstes Leder, mehr als 400 PS, geht wie die Hölle. Aber: er kostet leider 140.000 Euro!“ Jetzt hast du ein Ziel und kannst entscheiden, kaufst du die Kiste oder hast du zu wenig Geld dafür?
Auch dein Patient kann nun verstehen, dass Adenosin scheinbar ein unangenehmes Gefühl auslösen wird, jedoch der Herzschlag scheinbar effektiv gesenkt werden kann. Er wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach dafür entscheiden, kurz in den sauren Apfel zu beißen und sich den Herzschlag normalisieren lassen!

Weitere Beweise, dass Ärzte nicht immer optimal „verkaufen“

Der Zahnarzt sagt: „Es kommt nun eine Spritze. Es piekst ganz kurz!“ Ziel genannt? Natürlich nicht. Der Patient versteht aber nicht, warum eine Spritze? Hätte ihm der Zahnarzt das Ziel genannt, nämlich dass man dadurch 2h schmerzfrei behandeln kann, dann wäre dieser Zahnarzt ein wesentlich besserer „Verkäufer“ als der erste.

Nocebo Effekt – ist vielen Ärzten auch nicht bewusst, dass es das überhaupt gibt

Was ist ein Nocebo Effekt? Ich erkläre es dir im folgenden Beispiel:
Der Narkosearzt fragt nach der Narkose: „Ist Ihnen schlecht?“ Ich bekomme Druck auf der Brust, wenn ich sowas höre. Warum? Weil der Patient jetzt überlegt und sagt, oh ja, na klar ist mir etwas schlecht. Weißt du, wie die Frage nach einer Narkose lauten muss? „Geht es Ihnen gut?“

Wenn ich dich jetzt frage, ob du einen leichten Druck im Kopf hast, dann wirst du vielleicht kurz in dich gehen und sagen: „Ja Mann, ich habe einen Druck im Kopf. Ist mir vorher aber nicht aufgefallen!“ Das ist der Nocebo Effekt. Und der Nocebo Effekt hat Auswirkung auf den Verkauf, denn der Patient wird aller Wahrscheinlichkeit sagen, dass ihm übel ist nach einer Narkose. Und du bist dadurch ein schlechterer Narkosearzt geworden, ob es dir lieb ist oder nicht.

Darf ich dir nun auf 2 Arten unsere Kurse verkaufen?

Variante 1 (so macht man es NICHT):
Magst du Geld ausgeben?
Ja, ich möchte 690 Euro bezahlen. Für was sagen wir dir nicht. Halten wir für unnötig.
Variante 2 (ist deutlich erfolgsversprechender):
14 Jahre lang haben wir für dich hochwertige medizinische Fortbildungen am High-Tech-Simulator entwickelt. Du siehst bei uns keine langweiligen Powerpoint Folien, hörst keine endlosen Vorträge oder schläfst spätestens am Vormittag ein. Unsere Kurse sind maximal praxislastig, spannend und lehrreich. Unsere Kurse bieten Entertainment, gute Verpflegung und erfahrene Fachärzte als Trainer. Obendrein garantieren wir dir Kleingruppen-Unterricht, damit wir auf deine Fragen eingehen können. Aber leider sind unsere Kurse nicht gratis sondern kosten 690 Euro. Und 99,7% unserer Kunden empfehlen uns trotzdem weiter. Willst du den Unterschied fühlen?
Ja, ich möchte 2020 endlich den Unterschied fühlen und komme gerne zu euch!
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