Im Notfall musst du innerhalb von wenigen Minuten erfolgreich beatmen – zu langer Sauerstoffmangel führt zu Hypoxie, kann beim Patienten bleibende Schäden hinterlassen oder gar zum Tod führen.
Für die erfolgreiche Beatmung musst du dich an die Guidelines halten. Die S1 Leitlinie „Prähospitales Atemwegsmanagement“ wurde zuletzt 2019 aktualisiert (Stand 2021) und enthält 39 Empfehlungen.
Du möchtest die wichtigsten Empfehlungen der Leitlinie kurz im Überblick erfahren? Dann bist du hier richtig.
Die Leitlinie unterscheidet zwischen „soll“-, „sollte“- und „kann“- Empfehlungen. Die wichtigsten 10 „soll“- Empfehlungen habe ich in diesem Beitrag kurz für dich aufgelistet.
(Die 84-seitige Langfassung der Leitlinie findest du unter diesem Link auf der Seite der AWMF: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/001-028.html)
#1 Überprüfe die Indikation zur invasiven Atemwegssicherung & ihre Dringlichkeit
Kreislaufstillstand gilt als eine der häufigsten Indikationen zur Atemwegssicherung. Auch beispielsweise Ateminsuffizienz oder Bewusstseinsstörungen können eine invasive Atemwegssicherung erforderlich machen.
Die Dringlichkeit der Atemwegssicherung solltest du anhand deiner Diagnose in „sofortig“ (bei anhaltendem Atemstillstand) oder in „dringlich“ (z.B. starke Atemnot oder Bewusstlosigkeit) unterteilen.
Bei „dringlicher“ invasiver Atemwegssicherung musst du nun entscheiden, ob du diese noch vor Ort durchführst. Bei der Entscheidung unterstützen dich folgende Punkte:
- Erfahrung
- einfacher oder schwieriger Atemweg?
- Transportzeit bis zum nächsten geeigneten Krankenhaus
#2. Angemessene Präoxygenierung mit höchstmöglicher FiO2
Sowohl vor der invasiven Atemwegssicherung* als auch beim spontanatmenden Patienten sollst du Sauerstoff über eine Gesichtsmaske zuführen. Der Sauerstoffgehalt bzw. die inspiratorische Sauerstofffraktion (F¡O2) sollte dabei möglichst hoch sein.
*durch ETI (endotracheale Intubation) oder EGA (extraglotische Atemwegshilfe)
#3 Endotracheale Intubation bei Erwachsenen: mit Ausnahme!
In den Leitlinien wird die Endotracheale Intubation (ETI) als „Goldstandard der invasiven Atemwegssicherung beim Erwachsenen“ bezeichnet.
Ausnahme: Du solltest sie aber nur durchführen, wenn du bereits 100 ETI an Patienten unter Aufsicht durchgeführt hast und jährlich mindestens 10 ETI durchführst.
#4 Extraglotische Atemwegshilfe als Alternative zur Edotrachealen Intubation
Erfüllst du die oben genannten Bedingungen nicht, solltest du dich für eine Extraglotische Atemwegshilfe (EGA) als primären Atemweg entscheiden. Auch für diese Empfehlung gilt allerdings: Du musst mindestens 45 Anwendungen unter Aufsicht vorweisen können und mindestens 3 EGA-Anwendungen pro Jahr durchführen.
#5 Verwende eine EGA, welche das Einführen einer Magensonde oder eine „blinde“ Intubation ermöglicht
- EGA welche das Einführen einer Magensonde möglich macht: Die EGA der zweiten Generation machen das Einlegen der Magensonde und damit auch die Entlastung des gastralen Drucks und Inhalts möglich. Dadurch senkst du das Regurgitations- und Aspirationsrisiko.
- EGA, die für die „blinde“ oder endoskopisch geführte Intubation entwickelt wurden: Diese EGA bieten die Möglichkeit, anschließend eine ETI durchzuführen. Du solltest sie allerdings nur bei hoher Erfolgswahrscheinlichkeit der Intubation durchführen.
#6 ETI: Setze primär auf Videolaryngoskopie mit Macintosh-ähnlichem Spatel
Damit du bei der ETI im ersten Versuch einen möglichst hohen Erfolg erzielst, solltest du dafür ein Videolaryngoskop mit Macintosh-ähnlichem Spatel verwenden.
#7 Setze bei Kindern auf optimierte Maskenbeatmung
Bei Kindern sollst du die optimierte Maskenbeatmung mit doppeltem C-Griff und einem passenden Guedeltubus einsetzen. Achte auch auf eine optimale Kopflagerung. Führe die Beatmung mit Beutel-Maske-Beatmung und einem hohen F¡O2 durch.
#8 Verwende bei Kindern für die EGA die Larynkmaske
Für den extraglottischen Atemweg bei Kindern sollst du laut Leitlinie die Larynxmaske verwenden.
# 9 Überwache den Patienten durch kontinuierliche Kapnographie
Nach jeder Atemwegssicherungsmaßnahme musst du eine Kapnographie durchführen, um die Effektivität deiner Maßnahmen zu kontrollieren.
# 10 Übe direkt am Patienten und passe die prähospitale Ausstattung an
Für deine Ausbildung sind „Trocken-Übungen“ am Simulator eine optimale Basis. Zusätzlich sollst du die diversen Techniken aber auch am Patienten trainieren (unter Aufsicht).
Dadurch berücksichtigst du bei deiner Ausbildung auch:
- das Auftreten möglicher Verletzungen
- individuelle Patienten-Unterschiede
- Anatomie der fragilen Rachen-Kehlkopf Strutkuren
- mögliche individuelle physiologische Reaktionen auf dein Hantieren am Atemweg
Dein prähospitales Equipment sollte jene Ausrüstung des Atemwegsmanagements enthalten, mit welcher du auch in der Ausbildung gearbeitet hast. Du möchtest schließlich nicht bei einem Notfall mit dem Lesen der Bedienungsanleitung beginnen…
Du möchtest mehr über aktuell geltende Leitlinien für Notärzte erfahren?
Neben diesen 10 Punkten gibt es noch zahlreiche „sollte“ und „kann“ Empfehlungen rund ums Atemwegsmanagement. Zudem gibt es eine Reihe weiterer Leitlinien, die für dich als Notarzt wichtig sind (z.B. die Leitlinie zur Reanimation).
Damit du stets über aktuelle Änderungen und neue Empfehlungen informiert bist, lohnt es sich, regelmäßig Notarztrefresher-Kurse zu besuchen. Neben „News“ in den Leitlinien spielen wir von Simulation.Centers mit unseren Kursteilnehmern Fallbeispiele aus der Praxis nach.
Alle Details zu den Notarztrefresher-Kursen kannst du unter diesem Link nachlesen: https://simulationcenters.com/produkt-kategorie/notarztrefresher/
Herzlichst,
das Ärzteteam der Simulation.Centers Corporation
Ja, ich möchte mehr über die Notarztrefresher-Kurse erfahren
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