Statistisch gesehen passieren 1,6 Notfälle pro Jahr in jeder Zahnarztpraxis. Kommt dir folgendes Patienten-Szenario bekannt vor? Männlich, 50+, übergewichtig, Raucher: Er steigert sich so sehr in seine Angst, bis er über Brustschmerzen klagt. Im schlimmsten Fall kann es sogar ein Herzinfarkt sein, aber wie kannst du nun helfen?
Wie du als Zahnarzt in dieser Situation am besten vorgehst, haben wir dir in diesem Beitrag zusammengefasst.

#1 Guidelines schützen dich vor Klagen und retten Leben

Wie du weißt, bist du als Arzt verpflichtet, deine Patienten nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft zu behandeln. Machst du dies nicht, drohen dir Klagen. Falls du also einen Verdacht auf Herzinfarkt hast, handle sofort!
Wichtig: Beachte die Leitlinien der American Heart Association (AHA) oder des European Resuscitation Council (ERC) für die Herz-Lungen-Wiederbelebung und kardiovaskuläre Notfallmedizin. Sie geben dir genau vor, wie du in Notfällen handeln musst. Somit steigt die Überlebenschance des Patienten. Und du hast mit Sicherheit alles richtig gemacht.
Wenn du dein Wissen über die Leitlinienempfehlungen rund um die Reanimation auffrischen möchtest, findest du unter folgendem Link eine Zusammenfassung der AHA-Guidelines: https://eccguidelines.heart.org/wp-content/uploads/2015/10/2015-AHA-Guidelines-Highlights-German.pdf

#2 Deine Schritt-für-Schritt-Anleitung beim Herzinfarkt im eigenen Zahnarztstuhl

Beim Herzinfarkt besteht akute Lebensgefahr. Das Problem, das du und deine Kollegen haben: die meisten Zahnärzte besitzen kein Monitoring (EKG, Pulsoxymetrie usw.), um eine Diagnose in der eigenen Praxis stellen zu können.
Wie kannst du aber trotzdem richtig handeln? (ohne Monitoring)

  1. Notarzt informieren: Rufe sofort den Notarzt, sobald du einen Verdacht auf Herzinfarkt hast. Ich als Notarzt kann dir sagen: „Ruf uns lieber zu früh an, als zu spät“. Zu späte Hilferufe von Kollegen waren in meiner Karriere bereits oft problematisch.
  2. Beruhigung des Patienten: Auch wenn du als Zahnarzt keine blutverdünnenden Medikamente und auch keine starken Schmerzmittel wie Morphium hast, kannst du den Patienten beruhigen. Rede ihm gut zu. Gehe auf ihn ein. Das heißt: Wenn dich der Patient bittet, das Fenster zu öffnen, dann mach es. Selbst, wenn er sich nur einbildet, dass er dadurch besser Luft bekommt: du nimmst ihm die Aufregung und senkst seine Herzfrequenz. Das steigert das Überleben deines Patienten.
  3. Sauerstoffgabe: Um dem Patienten das Atmen zu erleichtern, kannst du ihm Sauerstoff verabreichen. Achtung: Hier haben sich die Leitlinien der europäischen kardiologischen Gesellschaft (ESC) geändert! Kein Sauerstoff mehr über 90% Sauerstoffsättigung. Wenn du aber keine Sauerstoff-Sättigung messen kannst, weil du nicht im Besitz eines Pulsoxymeters bist, dann verabreiche ihm 4 Liter Sauerstoff „blind“. Das schafft für den Patienten Sicherheit und beruhigt ihn noch mehr.

Achtung: Seit Mitte 2017 gibt es neue Leitlinien für Herzinfarkt Patienten der ESC. Diese findest du in diesem Beitrag ausführlich beschrieben: https://simulationcenters.com/neue-leitlinien-der-erc-fuer-die-behandlung-von-stemi-infarkt/

#3 Patient ist bewusstlos – Was nun?

Du hast die oben genannten 3 Schritte befolgt, doch dein Patient wird zunehmend instabil, bevor der Notarzt kommt. Was musst du jetzt tun?

Folge dieser einfachen 5-Schritte-Anleitung:

  1. Wird der Patient bewusstlos, dann überprüfe, ob er atmet.
  2. Wenn er atmet, dann bringe den Patienten in die stabile Seitenlage.
  3. Bleibe bei ihm und überprüfe ununterbrochen, ob er atmet.

Wichtig: Nur weil er jetzt atmet, heißt das nicht, dass er auch noch eine Minute später atmet!

  1. Falls der Patient nicht mehr atmet, beginne SOFORT mit einer hochwertigen Herzdruckmassage. Diese besteht aus 4 Punkten:
  • Push fast: Drücke zwischen 100 und 120 Mal pro Minute. Das bedeutet zwei Mal pro Sekunde drücken.
  • Push hard: Drücke das Brustbein deines Patienten 5-6 cm tief. (Tennisball-Tief)
  • Sorge für einen harten Untergrund. Nur so stellst du sicher, dass sich der Brustkorb ausreichend komprimieren lässt.
  • Keine Unterbrechungen: Hands-Off Zeiten sind schlecht und müssen vermieden werden. Unterbreche daher die Herzdruckmassage nur, wenn dich ein im Idealfall vorhandener Defibrillator dazu auffordert. Solltest du keinen Defi besitzen, dann drücke durch bis der Notarzt kommt und lasse dich alle 2 Minuten von einem Kollegen oder einer Assistentin abtauschen.

Wie du eine gute Herzdruckmassage anwendest, kannst du in dem Beitrag „Diese 4 Punkte machen eine gute Herzdruckmassage aus“ im Detail nachlesen.

  1. Optimal wäre es, wenn du einen halbautomatischen Defibrillator in deiner Praxis hast. Der Defibrillator steigert die Überlebenschance des Patienten. Er ist einfach zu bedienen und erledigt für dich die gesamte Denkarbeit. Du musst lediglich zwei Knöpfe bedienen: Den Einschaltknopf und die Schocktaste.

Du brauchst eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung? Dann klicke auf diesen Link: https://simulationcenters.com/wie-bediene-ich-einen-halbautomatischen-defibrillator/

Fazit: Frühzeitiger Notruf und ein Defibrillator retten deinen Patienten

Der „Herzinfarkt im Zahnarztstuhl“ ist ein Horrorszenario, das du sicherlich nie erleben möchtest. Trotzdem musst du dir bewusst machen, dass es dazu kommen kann. Vergiss nicht: Laut Statistik passieren 1,6 Notfälle pro Jahr in jeder Zahnarztpraxis. Im Ernstfall musst du dafür sorgen, dass du und dein Team richtig und vor allem schnell reagieren.
Uns ist bewusst, dass dir dieser Beitrag nicht gleich zu einem perfekten Handeln verhilft. Er soll aber als Einführung in das Thema dienen und dich auf dieses mögliche Notfall-Szenario vorbereiten.
Dennoch ist es wichtig, solche Notfallsituationen zu üben, um guideline-konform handeln zu können. Daher möchten wir dich auf unsere Training vor Ort in der eigenen Praxis hinweisen. Dort kannst du ganz nach dem Motto „Learning by Doing“ am High-Tech-Simulator mit deinem ganzen Team üben, um im Ernstfall gewappnet zu sein.
Klicke dazu auf den roten Button oder auf diesen Link: https://simulationcenters.com/mediziner/ordinationstraining/
Training in der Arztpraxis anfragen und Guidelines trainieren!
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