Bei einem Patienten mit einer Lungenerkrankung sinkt plötzlich der Sauerstoffgehalt im Blut. Als Arzt weißt du, dass du sofort handeln musst.
Die besten Chancen hat dein Patient, wenn du dich an die Leitlinien hältst, denn diese orientieren sich an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die wichtigsten Punkte der aktuellen Leitlinie zur „Nichtinvasiven und invasiven Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“ (gültig bis 2022, Quelle: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-008.html) habe ich daher kurz für dich zusammengefasst.
Konkret erfährst du:
- Welche Vorteile hat die NIV (nicht invasive Beatmung)?
- Bei welchen Indikationen führst du eine nicht-invasive-Beatmung durch?
- Wann solltest du stattdessen auf eine invasive Beatmung verzichten (Kontraindikationen)?
Welche Vorteile hat eine NIV (nicht invasive Beatmung)?
Vorteil #1 Durch NIV kannst du eine Inubation vermeiden
Durch die nichtinvasive Beatmung kannst du die positiven Effekte maschineller Beatmung nutzen und gleichzeitig die möglichen Risiken und Nachteile der invasiven Beatmung vermeiden. Zu diesen Risiken zählen beispielsweise:
- du musst keine Sedierung durchführen
- es besteht keine Gefahr für eine Kehlkopfverletzung
- du senkst die Gefahr für die Entstehung von beatmungsassoziierten Pneumonien (Laut diverser Studien entwickeln sich 97% aller beatmungsassoziierten Pneumonien während invasiver Beatmung und nur knapp 3% unter NIV)
Vorteil #2 Durch NIV kannst du eine schnellere „Entwöhnung“ von der Beatmung erreichen
Durch eine nicht invasive Beatmung sofort nach Extubation können Patienten unter Umständen früher erfolgreich extubiert werden. Das ist bei Patienten sinnvoll, bei welchen ein Spontanatmungsversuch nicht erfolgreich war.
Dadurch kannst du Re-Intubationen vermeiden. Aktuelle Studien dazu wurden bisher allerdings fast ausschließlich an COPD-Patienten durchgeführt.
Bei welchen Indikationen solltest du eine nicht-invasive-Beatmung durchführen?
Bei diesen drei Formen respiratorischer Insuffizienz solltest du laut Leitlinien eine NIV durchführen:
- hypoxisches Lungenversagen: Meist ausgelöst durch einen kollabierten Lungenabschnitt oder -flügel, der nicht mehr mit Luft gefüllt ist. Dadurch sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut.
- hyperkapnisches Atemversagen: Dabei versagt die Atemmuskulatur aufgrund einer akuten Überlastung und der Kohlendioxidgehalt im Blut wird zu hoch. Hyperkapnisches Atemversagen wird meist durch eine chronische erhöhte Belastung ausgelöst, z.B. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
- kardiogenes Lungenödem. Eine Flüssigkeitsansammlung in der Lunge behindert die Atmung. Durch die NIV kann dabei eine hämodynamische Stabilisierung (Stabilisierung des Blutflusses) erreicht werden.
Kontrolliere den Erfolg der nicht invasiven Beatmung!
Egal ob bei Lungen- oder Atemwegsversagen: Du solltest den Erfolg der nichtinvasiven Beatmung alle ein bis zwei Stunden nach Beginn der Beatmung kontrollieren. Sollte die Beatmung nicht erfolgreich sein, musst du so schnell wie möglich intubieren!
Wann solltest du stattdessen auf eine invasive Beatmung verzichten (Kontraindikationen)?
Absolute Kontraindikationen der NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz:
- fehlende Spontanatmung oder Schnappatmung
- fixierte oder funktionelle Verlegung der Atemwege
- gastrointestinale Blutungen
- das Vorliegen eines Ileus
- das nicht hyperkapnisch bedingte Koma
Relative Kontraindikationen der NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz:
- hyperkapnisch bedingtes Koma
- massive Agitation
- Sekretverhalt trotz Bronchoskopie
- schwergradige Hypoxämie oder Azidose mit pH < 7,1
- hämodynamische Instabilität (kardiogener Schock und Myokardinfarkt)
- anatomische bzw. subjektive Interface-Inkompatibilität
In diesen Fällen solltest du stattdessen eine invasive Beatmung durchführen.
Du möchtest dein Wissen rund um NIV vertiefen oder aktualisieren?
Wie du siehst, kann eine NIV von Vorteil sein, trotzdem ist sie nicht immer die bessere Wahl. Wenn du mehr über nichtinvasive und invasive Beatmung wissen möchtest, empfehle ich dir, das Atemweg-Symposium zu besuchen.
Das Atemweg-Symposium gilt als Notarztrefresher und verknüpft Theorie und Praxis. Dabei fließen natürlich aktuelle Neuerungen der Leitlinien mit ein.
Mehr über das Atemweg-Symposium erfährst du unter diesem Link: https://simulationcenters.com/produkt/atemweg-symposium/
Herzlichst,
das Ärzteteam der Simulation.Centers Corporation
Ja, ich möchte mehr über das Atemweg-Symposium erfahren
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