Das ARDS-Syndrom gehört zu den akuten Lungenerkrankungen, tritt häufiger auf als erwartet und ist immer sehr ernst zu nehmen. Wie du ARDS als Arzt erkennen kannst und was deine Behandlungsmöglichkeiten sind, erfährst du in diesem Beitrag.

Was ist ARDS?

Das Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) ist eine schwere Lungenerkrankung, die zu niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut führt. Menschen, die ARDS entwickeln, leiden in der Regel schon an einer schweren Systemerkrankung oder an einer größeren Verletzung. Bei ARDS bildet sich Flüssigkeit in den winzigen Luftbläschen der Lunge und Tenside werden abgebaut. Dieser Vorgang  verhindert, dass sich die Lunge richtig mit Luft füllen kann und genügend Sauerstoff in den ganzen Körper transportiert werden kann. Das Lungengewebe vernarbt und die Dehnbarkeit der Lunge nimmt ab.
ARDS kann sich innerhalb weniger Tage entwickeln und kann sehr schnell lebensbedrohlich werden. Die ersten Symptome sind in der Regel Kurzatmigkeit. Andere Anzeichen sind niedriger Blutsauerstoffgehalt, hohe Atemfrequenzen, Giemen und Pfeifen in der Lunge. Komplikationen wie Thrombosen und Infektionen können im schlimmsten Fall zum Organversagen führen.

Akutes Lungenversagen – die Kriterien

Akutes Lungenversagen kann sich in jedem Alter entwickeln. Die Erkrankung geht mit akuter Luftnot einher, hat immer einen akuten Beginn und meist bilaterale Infiltrate im Thorax-Röntgen.

Wichtig dabei ist, dass der Wedge-Pressure (PCWP) kleiner 18mmHg beträgt, um eine Linksherzinsuffizienz auszuschließen. (Zur Erinnerung: Der Wedge-Druck entspricht unter physiologischen Bedingungen den Druckverhältnissen im kleinen Kreislauf und im linken Vorhof und somit der Vorlast des linken Ventrikels.)

Dabei teilt man das akute Lungenversagen je nach Oxygenierungs-Störung bzw. Horowitz-Index ein:
paO2 / FiO2 < 300 = ALI = Acute Lung Injury
paO2 / FiO2 < 200 = ARDS = Acute respiratory distress syndrom

Rechenbeispiel 1: dein Patient hat einen paO2 im arteriellen Blut von 75 mmHg. Er wird mit 100% Sauerstoff beatmet. 75 dividiert durch 1,0 = 75. Hier spricht man von einem schweren ARDS.
Rechenbeispiel 2: dein Patient hat einen paO2 im arteriellen Blut von 120 mmHg. Er wird mit 30% Sauerstoff beatmet. 120 dividiert durch 0,3 = 400. Hier spricht man von einem ALI.

Was haben ALI und ARDS gemeinsam:

  • Dauerhafte, schwere Beeinträchtigung des pulmonalen Gasaustausches
  • Verringerung der Dehnbarkeit der Lunge
  • Pulmonale Hypertonie
  • Erhöhung des arterio-venösen Shunts auf Grund gestörter pulmonaler Vasokonstriktion
  • Arterielle Hypoxämie (paO2 erniedrigt)
  • ein nicht kardiogenes Lungenödem ist oft vorhanden

Die Ursachen für ein akutes Lungenversagen

Als Ursachen kommen direkte und indirekte Ursachen in Frage.

Direkte Ursachen:

  • akute Pneumonien
  • Aspirationen
  • Lungenkontusionen
  • Lungenembolien
  • Beinahe Ertrinken
  • Inhalationstraumata
  • Lungenödeme

Indirekte Ursachen:

  • Sepsis
  • Schweres Trauma
  • Massivtransfusionen
  • Medikamentenüberdosierungen
  • Pancreatitis

Inzidenz und Sterblichkeit: Je nach Studie werden Inzidenzen von  ca. 10 Einwohnern pro 100.000 Einwohnern angegeben. Die Mortalität ist leider immer noch sehr hoch und wird um die 30% angegeben.

3 Säulen der Therapie Möglichkeiten

#Säule 1: Beatmung

Nicht – invasive Beatmung:

Bei dieser Beatmungsform verwendest du keinen Tubus, sondern dichtsitzende Masken und Helme. Der Patient kann bei seinen Atem-Bemühungen unterstützt werden, ist zu jeder Zeit wach und ansprechbar. Die Atemarbeit wird dadurch erleichtert, die Oxygenierung verbessert.

Beatching setting flow curve

Invasive Beatmung:

Hier unterscheiden wir zwischen kontrollierter und assistierter Beatmung: bei der kontrollierten Beatmung wird der Patient via Tubus kontrolliert beatmet. Die Atemarbeit wird dabei völlig ersetzt durch die Beatmungsmaschine. Bei der assistierten Beatmung wird der Patient bei seiner Atemarbeit am Tubus unterstützt.

Moderne Beatmungstherapien

Heute werden ARDS bzw. ALI Patienten mit möglichst geringen Tidalvolumina von 5-8ml/kg beatmet, um unnötigen „Stress“ in den Alveolen zu vermeiden. Niedrige inspiratorische Drücke sollen bereits geschädigte Alveolen möglichst schonend beatmen. Best PEEP Manöver helfen, den optimalen PEEP bzw. die optimalen Beatmungseinstellungen je nach Dehnbarkeit der Lunge zu finden.

Da das alles nicht so einfach ist, haben wir für dich unser Beatmungs-Symposium im Jahr 2019 ins Leben gerufen. Hier kannst du selber am High-Tech Lungensimulator die optimalen Beatmungseinstellungen finden lernen.
Hier klicken für mehr Infos!

PEEP: die richtigen PEEP-Einstellungen sind wichtig, um die geschädigte Lunge nicht unnötig zu belasten. Empfohlen sind PEEP Werte zwischen 5 und 12 cmH2O. Merke: desto höher die FiO2, desto höher sollte der PEEP gewählt werden.

Beatmungseinstellungen bei ARDS bzw. ALI
  • Tidalvolumina klein halten, am besten unter 7 ml /kg Körpergewicht
  • Plateaudruck unter 30 cm H2O halten
  • Adäquater PEEP ist abhängig von der FiO2
  • Hohes CO2 kann über kurze Zeit toleriert werden

#Säule 2: Adjuvante Therapien

Adjuvante Therapien

In Frage kommen hier

  • Bluttransfusion zur Behandlung von niedrigen Hämoglobinwerten: Hämoglobin transportiert Sauerstoff im Blut, so dass eine Transfusion die Sauerstoffversorgung der Körperorgane verbessern kann.
  • Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO): ECMO hilft, wenn die Beatmung allein nicht genügend Sauerstoff liefern kann oder während ein Patient auf eine Lungentransplantation wartet. ECMO wirkt wie eine künstliche Lunge, entfernt Kohlendioxid und pumpt sauerstoffreiches Blut zurück in den Körper.
  • Flüssigkeitsmanagement: Das Fachpersonal überwacht das Flüssigkeitsgleichgewicht im Körper. Niedriger Blutdruck kann auftreten, wenn die Flüssigkeit in Ihren Blutgefäßen niedrig ist. Dies kann verhindern, dass Sauerstoff in die Organe gelangt. Um das Gleichgewicht wiederherzustellen, kannst du als Arzt Flüssigkeit über eine intravenöse (IV) Leitung geben.
  • Unterstützung der Ernährung: Möglicherweise wird ein Ernährungsschlauch benötigt, um sicherzustellen, dass genug richtige Nährstoffe zugeführt werden.
  • Physikalische Therapie zur Erhaltung der Muskelkraft und zur Vorbeugung der Wundbildung: Bewegung kann helfen, die Zeit zu verkürzen.

#Säule 3: Weitere Optionen

Weitere Optionen bei ARDS

Das Ziel der Behandlung von ARDS ist es, den Sauerstoffgehalt zu verbessern und die zugrunde liegende Ursache zu behandeln. Andere Behandlungen zielen darauf ab, Komplikationen zu vermeiden.
Du kannst auch Medikamente zur Linderung der Symptome, zur Behandlung der zugrunde liegenden Ursache oder zur Vermeidung von Komplikationen verabreichen. Dazu können gehören:

  • Magenschutz-Medikationen zur Vorbeugung von Stressgeschwüren, die zu Blutungen im Darm führen können.
  • Antibiotika zur Behandlung oder Vorbeugung von Infektionen.
  • Thromboseprophylaxe, um zu verhindern, dass sich Blutgerinnsel bilden oder größer werden. Heparin ist ein häufiger Blutverdünner für Erwachsene.

Fazit – akutes Lungenversagen

Was tun, wenn dein Patient ein akutes Lungenversagen entwickelt, dass du zu invasiven notfallmedizinischen Maßnahmen greifen musst? In unserem Beatmungs-Symposium erfährst du alles, was du zum Thema Beatmungsmaschine wissen musst.

Was lernst du im Beatmungs-Symposium?

  • Für Kinder & Erwachsene die passenden Beatmungs-Einstellungen finden
  • Du erhältst viele nützliche Tipps zu vielen bekannten Beatmungsformen wie BIPAP, APRV, PCV, VC, PPS oder ASB
  • Krankheitsbilder ARDS, COPD, Asthma, Adipositas optimal behandeln
  • Du lernst die Vor- und Nachteile einer NIV Beatmung
  • Patienten mit Lufthunger gekonnt bei ihrer Atemarbeit unterstützen
  • Du verstehst die physiologischen Grundlagen in der Beatmung
  • Interpretiere Blutgasanalysen (BGA) richtig und steuere dagegen
  • Weaningstrategien auf Intensiv-Station

Ja, ich möchte mehr Informationen über das Beatmungs-Symposium erhalten!

Istockphoto © KatarzynaBialasiewicz